Das Verkreuzen von flexiblen Fäden - also das Weben - gehört zu den wichtigen und einflussreichen Erfindungen in der Entwicklung unserer Kultur. Die Frage nach dem Beginn der Weberei ist nicht zu beantworten, da die Erforschung durch die Vergänglichkeit des Materials sehr erschwert ist. Immerhin weiß man heute, zu welchem Zeitpunkt spätestens gewebt wurde, mit welchem Material und wie das Webgerät je nach Entwicklungsphase aussah.

Aus dem Ineinanderflechten von Zweigen und Ästen entwickelte sich zunächst die Korbflechterei. Vom Flechten eines Korbes bis zum Verweben einer flexiblen Materie war ein großer Schritt. Es gehörte dazu Fasermaterial, das nicht ohne Aufbereitungsprozess von der Natur geliefert wird, also mußten diese Fasern zu einem endlosen Faden gesponnen und zum Schluss verwebt werden. Mit der Lösung dieses Problems setzte die Webkultur ein. Das Bedürfnis nach Stoffen kam vermutlich, als die Menschen aufhörten, von der Jagd zu leben und begannen, Getreide anzubauen.

Es gibt mehrere Urformen von Webgeräten auf der Welt. Für unseren Kulturkreis konnte das Vorhandensein des Gewichtswebstuhles nachgewiesen werden. Es handelte sich dabei um ein fast senkrecht stehendes Gerüst, bei dem die Spannfäden von einem Querbalken am Kopfende der Standpfosten herunter hingen und unten mit Gewichten beschwert und straff gehalten wurden. Es wurde im Stehen gewebt, dies ermöglichte auch die Herstellung von breiten Stoffen. Man webte angepaßte Einzelstücke, die mit wenig Näharbeit zu Kleidung oder Heimtextilien wurden.
Die Webtechnik kam vermutlich mit Ackerbau und Viehzucht aus dem Osten nach Europa. Der erste Nachweis für das Vorhandensein dieses Webgerätes fand sich bei Ausgraben der süddeutschen und schweizerischen Pfahlbausiedlungen aus der Jungsteinzeit (ca. 3000 v. Chr.). Bis in die römische Zeit war es wohl das einzig benutzte Webgerät Mitteleuropas. Um 1000 n. Chr. ist es aus dem westlichen Kulturbereich verschwunden.
Eine Weiterentwicklung dieser Einrichtung beschreibt Herodot (geb. 484 v. Chr.), der von ägyptischen, senkrecht stehenden Webstühlen erzählt, an denen sitzend gewebt würde. Dieser "Hochwebstuhl" war übersichtlicher als das horizontale Gerät, es konnten auch breitere Stoffe gewebt werden, jedoch hier nur in begrenzter Länge. Ob der Hochwebstuhl durch die Römer auch nach Mitteleuropa kam, ist nicht belegt. Er ist in Mitteleuropa seit langem für die Bildweberei in Gebrauch.
Diese beiden Urwebgeräte reichten nicht aus für die Entstehung des Trittwebstuhls, dazu mußt eine dritte Idee stoßen. Das dritte Webgerät kam aus Asien. Die Araber bzw. Mauren, die über Nordafrika bis nach Spanien wanderten, brachten es vom Süden her, die Slawen wahrscheinlich über Byzanz vom Osten her im frühen Mittelalter nach Europa. Das asiatische Webgerät wirkt auf den ersten Blick primitiver als die beiden vorangegangenen. Man saß auf dem Boden und hatte das Gewebe dicht vor sich. Es waren höchstens schulterbreite Streifen zu weben möglich, dafür aber von beliebiger Länge. In der Inselwelt Ostasiens findet man diesen Webstuhl noch heute.  

Aus byzantinischer Zeit (um 600 v. Chr.) kennt man verschiedenen Abbildungen eines "Grubenwebstuhls", der eine Weiterentwicklung der vorgenannten Webeinrichtung sein muß. Etwa in dieser Form gelangte die Webvorrichtung nach Europa. Inzwischen bildeten sich auch in Mitteleuropa Städtekulturen heran. Die Umstrukturierung der Lebensform vom Bauer zum Städter und freien Bürger machte die Menschen aufgeschlossen für technische Neuerungen. Der Einfluss der Klöster als Anregungszentren einerseits und die Spezialisierung zum Handwerk andererseits, waren gute Voraussetzungen für die Weiterentwicklung des Webgerätes durch die Verschmelzung der verschiedenen Ideen miteinander. Hier entstand der Webstuhl im eigentlichen Wortsinn.
Neben den Italienern und Spaniern waren vor allem die Flamen als ausgezeichnete Weber bekannt, deren Ruf vor allem auf ihrer technischen Überlegenheit basierte. Hier dürften Schwerpunkte der Entwicklungsarbeit zum Trittwebstuhl gelegen haben. Die politischen Wirren und Schwierigkeiten der mittelalterlichen Niederlande und Lothringens zwangen die Einwohner immer wieder zur Auswanderung in die Nachbarländer, deren Gewerbe wiederum durch die hereinströmenden flämischen Weber belebt und gefördert wurde. In Deutschland gibt es ab dem 14. Jahrhundert eine Technik dieser Art.

1785 baute John Cartwright in England den ersten mechanischen Webstuhl, der allerdings noch nicht eingesetzt wurde. Erst eine Erfindung von 1830 brachte den endgültigen Durchbruch zur mechanischen Weberei, die sich im Laufe des 19. Jahrhunderts zu einer neuen Industrie entwickelte. Vorangegangen war die Erfindung der Dampfmaschine von James Watt, ohne die der mechanische Antrieb über Transmission nicht möglich gewesen wäre. In den ersten Jahrzehnten konnte allerdings nur Baumwolle auf den neuen Webstühlen verarbeitet werden.

1805 entstand in Frankreich durch Josef Maria Jacquard der nach ihm benannte Jacquardwebstuhl, bei dem die Zugvorrichtung zur Fachöffnung mit Lochkarten gesteuert wurde. So konnten erstmals Damaste genauso schnell wie einfache Muster gewebt werden.

 

 

Auch in der Spinnerei fand eine Entwicklung statt. Bis weit ins Mittelalter hinein wurde ausschließlich mit der Spindel gesponnen. 1298 wurde erstmals ein Spinnrad erwähnt. Im 16. Jahrhundert wurde dann in Deutschland das erste Flügelspinnrad erfunden, bei dem das Rad mit dem Fuß in Bewegung gesetzt wird und ein "Flügel", der um die Spule reicht, das gesponnene Garn aufwindet. 1767 konstruierte der Engländer James Hargreaves eine Spinnmaschine, die er "Spinning Jenny" nannte. 1769 (Richard Arkwrigh, "Waterframe") und 1775 (Samuel Crompton, "Mule Jenny") folgten weitere Spinnmaschinen. Mit den Spinnmaschinen war es erstmals möglich, Baumwolle leicht zu verarbeiten.

 

Durch die Erfindung der Chemiefaser zu Beginn des 20. Jahrhunderts eröffnete sich die Möglichkeit, synthetische Fasern herzustellen. Dies erfolgte zunächst mit Seidencharakter, dann in Wollimitation und heute in jeder beliebigen Form. 1869 entdeckten die beiden Chemiker Graebe und Liebermann und 1880 Chemiker von Bayer in Deutschland die Möglichkeit, aus Teerstoffen Farben herzustellen, mit denen es möglich war, Textilien jeder Art einzufärben. Diese Anilin- und Teerfarben konnten erstmals in großen Mengen und billig produziert werden, so dass sie die schnell die bisher verwendeten Pflanzenfarben verdrängten.

Im Laufe des 19. Jahrhunderts entstanden Maschinenfabriken für Webstühle, auch in Deutschland, die es möglich machten, auch Wolle und das für die Maschinen schwierig zu verarbeitende Leinen, ab 1880 sogar Seide, mechanisch zu weben. In der Anfangsphase kam die Qualität der mit Maschine gewebten Ware nicht an die Güte der Handgewebe heran, doch im Laufe der ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts konnten die Konstrukteure auch diesen Mangel ausgleichen. Seither fand eine ständige Weiterentwicklung des mechanischen Webstuhls statt.

Dies brachte die Weberfamilien zunächst in ein tiefe Krise, teilweise in bittere Armut, vor allem in den Regionen mit textiler Heimindustrie wie Schlesien, am Niederrhein oder im Frankenwald. Der aus England billig importierte Baumwollstoff und vor allem das billige mechanisch gesponnene Baumwollgarn überschwemmte den Markt und kam in Mode, so dass die Weber und die vielen Spinnereien in Deutschland ohne Arbeit blieben. Dazu kamen politische Krisen und Neuerungen, die die Menschen in Verzweiflung brachten. Viele kamen auch mit der Arbeit an den Maschinen nicht zurecht. So kam es zu verschiedenen Revolten, die bekannteste war die Revolution 1848/49.

Es dauerte fast ein ganzes Jahrhundert, bis das Gleichgewicht wieder hergestellt und die mechanische Textilindustrie etabliert war. Inzwischen war das Weberhandwerk in seiner traditionellen, über Jahrhunderte hin bestehenden Form verschwunden. Nur in einigen Gegenden auf dem Lande erhielt sich die Leinwandweberei in bäuerlichen Kreisen von bis in die 1930er Jahre.